Reichtum, Erfolg und Moral im Internet: die Samwers

Published on February 22, 2011 by , in Business, Business Model

Damals war das schon etwas Besonderes, als ich einen der Samwer Brüder traf, auf einer richtigen Dotcom 1.0 Party. Gefeiert wurde der Launch von Zooplus.de, und einer der Gründer, mit denen ich nicht dick aber wenigstens etwas befreundet war, stellte mich vor. Zu mehr als einem kurzen Zuprosten kam es auch nicht, ich bin mir sicher er hat meinen Namen genauso vergessen, wie ich den seinen (ich glaube, der in der Mitte war’s). Dennoch waren die Samwers damals wie heute vielen ein Vorbild. Sie haben den Dotcom Boom in Deutschland quasi erfunden, mit ihrem spektakulären eBay Klon, den sie in wenigen Wochen zusammengeschustert und flugs mal an eBay verkauft hatten. Soweit muss man auch wirklich sagen, Hut ab, das geht ja gut ab.

Als nächstes haben sie sich dann Mobile Commerce vorgenommen, das angesagteste Thema, das es damals gab, für Start-Ups und überhaupt. Da haben sie dann Jamba gegründet, eine Firma, die mobile Inhalte vermarkten sollte. Das klingt ja auch gar nicht schlecht, hat aber nur bedingt funktioniert. Weil es mit aufrichtigen Methoden einfach nicht richtig lief, haben sich die Drei was Tolles ausgedacht, etwas, was schon in der richtigen Welt gut funktionierte und was für seine moralisch einwandfreien Vertriebsmethoden weithin geschätzt wurde: ein Abonnement System. Handybenutzer sollten nicht einfach Klingeltöne und Hintergrundbilder kaufen, nein, sie sollten sie abonnieren und jeden Monat 2 oder 3 davon runterladen dürfen. An sich auch nicht doof oder verwerflich, aber in der Praxis, sah das dann so aus: zehntausende von Teenagern sahen ausschließlich Jamba Werbung zwischen den Video Clips auf MTV oder Viva, die fanden dann den Klingelton mit dem lustigen Frosch ganz toll, wollten den haben und schickten “Frosch1” an 555-1234. Leider bekamen sie dann nicht den Frosch sondern ein Abo, das ihnen ermöglichte, jeden Monat 3 Frösche runterzuladen. Das machten die meisten aber gar nicht, sondern sie vergaßen das total. Dennoch zogen D1, D2, E-Plus oder Viag fleißig die Kohle ab, am Ende des Monats. Manchmal hatten die Kids auch kein Geld, das Guthaben war alle. Wenn sie dann das nächste Mal wieder Geld vom Opa bekommen hatten und alles in eine 25 Euro Prepaid Karte investierten, war die Überraschung groß, wenn vom 25 Euro Guthaben nichts außer Miese ankam. Da die meisten Prepaid Konten aber keinen Einzelgesprächsnachweis aktiviert hatten (oder viele junge Kunden vielleicht auch einfach zu verpeilt waren), blieb das Verschwinden von Guthaben für die Meisten ein Rätsel und der einzige Ausweg war eine neue Karte mit neuer Nummer.

Ohne das überbewerten zu wollen, bestimmt war alles einigermaßen legal, muss man einfach sagen, dass Jamba zusammen mit den Mobilfunkbetreibern ein Riesengeschäft auf dem Rücken von Millionen von begrenzt geschäftsfähigen jungen Menschen gemacht hat. Das Geld aus dem Verkauf Jambas an die News Corp (via VeriSign), immerhin $273 Millionen, steckt jetzt wieder in neuen Projekten, die damit allesamt mit “dreckigem Geld” finanziert sind.

Schade eigentlich, denn der derzeitige Erfolg der Samwers zeigt, dass sie es ja eigentlich drauf haben und es auch bestimmt mit weniger fragwürdigen Methoden zu ähnlichem Erfolg gebracht hätten. Gerade erst haben sie ein Facebook Investment abgestoßen (angeblich mit 300% Gewinn) und die Mee-Toos, Importe von Übersee, verkaufen sich stets wie geschnitten Brot. Aber wegen Jamba schwindet mein Respekt vor den Jungs deutlich. Vielleicht sollten sie einen Fond gründen, für mobilfunkgeschädigte Jugendliche, oder uns alle, die noch heute Albträume haben, vom singenden Frosch.