Schreckenssekunde
Published on April 13, 2010 by Olaf Kreitz, in Personal, Technology, USA
Heute hatte ich so einen kurzen Moment, in dem mir klar wurde, dass ich irgendwie so ein kleines bisschen süchtig bin. Ein ganz klitzekleines bisschen.
Als ich nach Hause kam, musste ich mich wieder mal über meine überteuerte Internetverbindung aufregen. Angeblich soll ich 15 Mbit/s bekommen, was man für $50 im Monat ja auch wirklich erwarten darf. Anstatt der versprochenen zweistelligen Megabitverbindung, bekomme ich aber seit Wochen nur noch dreistellige Kilobitgeschwindigkeiten. Heute hat’s mir dann gereicht und ich habe den Kundenservice angerufen. Die testen dann mit dir die Leitung durch, tun so, als ob es an 1000 anderen Sachen liegt (Microwelle die das WiFi stört und so) um dir schließlich, wie in meinem Fall, einen Fehler auf ihrer Seite einzugestehen. Bei Optimum Online, meinem ISP, hat man dann die suboptimale Auswahlmöglichkeit zwischen Umtausch des Kabelmodems in einem weit entfernten Kundencenter am Rande Brooklyns (in Manhattan gibt’s die nämlich wegen des Monopolrechts von Time Warner nicht) oder einem Termin mit einem Servicemitarbeiter, der ins Haus kommt. Ich optiere für letzteres, da die Zeitfenster mittlerweile auf erträgliche vier Stunden reduziert wurden (als ich den Anschluss vor fünf Jahren bekam, war das Zeitfenster noch acht Stunden, was in Amerika etwa 1/10 des Jahresurlaubs ausmacht).
Kaum habe ich den Termin notiert und aufgelegt, macht das Internet einen kompletten Abgang, von 700 kbit/s auf null. Macht nichts, dachte ich erst, ich habe ja ein iPhone mit EDGE Geschwindigkeit, das kann ja nicht schlechter sein. Aber dann fällt mir ein, ich habe ja leider keinen T-Mobile Empfang in der Wohnung, oder nur sehr unzureichenden. Das war dann der besagte Moment, in dem ich realisiert habe, dass ich eventuell einen Abend ohne Internet auskommen muss. Ich erschrak kurz, und dann gleich nochmal, vor lauter Schreck des Erschreckens. Das mich der Gedanke, ohne Internet zu sein, so mitgenommen hat, war ein ganz komisches Gefühl. Ich hab das dann gleich ganz selbsttherapeutisch analysiert: ein kurzer Moment der Leere hat eine gewisse Sekundenpanik in mir hervorgerufen. Komisch, wie man so reagiert. Ich habe hier ein Stapel von tollen Büchern, die ich endlich mal lesen will und ich lese wirklich gern, aber unerklärlicherweise schiebe ich Panik, beim schieren Gedanken, einen Abend ohne Internet verbringen zu müssen.
War aber alles halb so schlimm, beherztes Neustarten aller System verhalf dem Internet nach kurzer Zeit zur Rückkehr zum alten Stand: langsam aber hinreichend. Naturgemäß habe ich dann den Abend auch online verbracht und diese Zeilen niedergeschrieben, damit ich nicht vergesse, wie es sich anfühlt, ohne zu sein.
Leave a Reply